H. P. Lovecrafts Berge des Wahnsinns 1

Der Japaner Gou Tanabe hat sich mittlerweile mit seinen Lovecraft-Adaptionen als Mangas einen guten Namen gemacht. Die vorliegende Umsetzung beruht auf einem der drei Kurzromane von H. P. Lovecraft, nämlich „Berge des Wahnsinns“ (englisch: „At the Mountains of Madness“). Dieser zählt zu den besten unheimlich-phantastischen Geschichten von Lovecraft! Der Manga „H. P. Lovecrafts Berge des Wahnsinns 1“ ist der erste Band von zwei Bänden und wurde aufgrund des großen Umfangs aufgeteilt. Auch wenn er als Manga vermarktet wird, ist er eher im westlichen Comic-Stil gehalten.

von Markus Kolbeck

Der Horror-Manga ist im japanischen Original 2016 erschienen und 2020 auf Deutsch bei Carlsen Manga als Softcover. Er umfasst sage und schreibe 296 Seiten und ist ganz (bis auf das Vorwort) in anspruchsvollen Schwarz-Weiß-Zeichnungen gehalten. Der Comic besteht aus einem Vorwort, einem Prolog und zwölf Kapiteln. Die Lesedauer beträgt rund zwei Stunden.

Gou Tanabe (Illustrator und Autor)

Der Zeichner Gou Tanabe (geb. 1975 in Tokio) hat bereits seit 2004 mehrere Lovecraft-Adaptionen verfasst, darunter „Die Farbe aus dem All“, „Der leuchtende Trapezoeder“, „Der Hund und andere Geschichten“ und „Der Schatten aus der Zeit“. Alle vier wie weitere zukünftige Veröffentlichungen in dieser Reihe sind auch bei Carlsen Manga erschienen. Tanabe ist allgemein für seine Umsetzungen literarischer Vorlagen bekannt geworden.

H. P. Lovecraft

Der US-amerikanische Horror-Autor Howard Phillips Lovecraft (1890-1937) (HPL) ist für seine über hundert Kurzgeschichten, Erzählungen und die erwähnten drei Kurzromane in den letzten Jahrzehnten zu Ruhm und Ansehen gelangt. Zeit seines Lebens war er aber weithin unbekannt und konnte kaum von seiner Schriftstellerei leben. Eines der großen Vorbilder für Lovecraft war Edgar Allan Poe. HPL ist unter anderem der Erfinder des sogenannten „Cthulhu-Mythos“, des schrecklichen Folianten „Necronomicon“, des Großen Alten Cthulhu und fiktiver Städte wie Arkham, Innsmouth und Dunwich. Er hat aber den Begriff „Cthulhu-Mythos“ nie selbst benutzt, vielmehr sprach er von „Yog-Sothothery“ und seinem „Arkham-Zyklus“. Heute hat Lovecraft eine Vielzahl popkultureller Phänomene wie Bücher, Comics, Filme, Brett- und Computerspiele, etc. hervorgebracht.

Leserichtung


Ein Wort zur Leserichtung des Mangas. Da es sich um einen japanischen Manga handelt, hat er eine bislang ungewohnte Leserichtung! Man liest ihn nämlich von vorne nach hinten, die rechte Seite immer zuerst, die einzelnen Panels samt der Sprechblasen von rechts nach links, die Seiten aber wie gewohnt von oben nach unten. Man gewöhnt sich schnell daran und dann bietet diese neue Eigenschaft einen zusätzlichen Reiz!

Inhalt

Ich will nicht jedes Detail verraten, weil ich Spoiler für die, die die Geschichte noch nicht kennen, vermeiden will. Aber die Grundzüge werde ich trotzdem schildern: Im September 1930 bricht eine Expedition von Forschern der Miskatonic University in Arkham mit zwei Schiffen in die Antarktis auf. Das Team umfasst 20 Männer, 25 Schlittenhunde und mehrere Flugzeuge. Geleitet wird die Expedition von Prof. Dyer (Geologe), ferner sind Prof. Pabodie (Ingenieur), Prof. Lake (Biologe) und Prof. Atwood (Physiker und Meteorologe) mit dabei. Unterstützt wird Prof. Dyer von dem Doktoranden Danforth und Prof. Lake von dem Doktoranden Gedney.

In der Nähe eines mysteriösen, rund sieben Kilometer hohen, schwarzen Gebirges stoßen die Forscher auf vorzeitliche Versteinerungen seltener oder gar unbekannter Art. Prof. Lake beschließt mit einem kleineren Team und Flugzeugen weiter vorzudringen, trotz aller Warnungen vor einem nahenden Sturm. Er ahnt, dass er vor einem bahnbrechenden Fund steht. Lake berichtet per Funk an das Hauptteam, dass er eine spektakuläre Entdeckung in Form neuen, bisher unbekannten Lebens gemacht hat. Er hat mehrere leblose Körper von völlig fremdartigen, über zwei Meter großen Wesen gefunden, die er nach einer Passage im „Necronomicon“ die Älteren nennt. Diese müssen vor Millionen von Jahren in der Antarktis gelebt haben. Dann bricht der Funkkontakt ab! Das Hauptteam eilt später zur Hilfe herbei und stößt auf das blanke Grauen! Man macht sich auf die Suche nach einem mutmaßlich Überlebenden, Gedney, Assistent von Prof. Lake. Hier endet der erste Band.

Kritik


Als erstes fallen einem die hohe Qualität der kontrastreichen schwarz-weißen Zeichnungen auf. Hier hat Gou Tanabe wirklich einen guten Job gemacht. Die Zeichnungen sind sehr atmosphärisch und fangen die Stimmung aus Lovecrafts Geschichte gekonnt ein. Sie sind detailliert und wohl mit viel Aufwand angefertigt worden. Vielleicht benutzt Tanabe aber auch ein Zeichenprogramm. Für die Darstellung des schwarzen Gebirges wurden gleich zwei Doppelseiten verwendet. Die Seiten sind nicht mit Text überfrachtet.

Positiv ist, dass sich das Grauen langsam – sieht man vom vorweggenommenen Höhepunkt im Prolog ab – aufbaut. Die Ereignisse werden immer seltsamer, mysteriöser und bedrohlicher mit dem Fortschreiten des Mangas. Die wissenschaftliche Neugier und Attitüde der Forscher wird auch gut eingefangen und bilden zusammen mit den wirklichkeitsnahen Zeichnungen einen realistischen Hintergrund für die Geschichte. Es wird also harte Wissenschaft mit dem Unheimlichen gemischt. Der Höhepunkt dieses Bandes gipfelt in besonders schrecklichem Grauen und wird einem Horror-Comic durchaus gerecht. Der Preis von 18,- Euro ist bei gegebenen Umfang von knapp 300 Seiten vollauf gerechtfertigt. Allerdings braucht man unbedingt noch den zweiten Band (mit einem noch größeren Umfang) für nochmal 18,- Euro, da dort die Geschichte ihrem eigentlichen Klimax entgegen geht und erst dann abgeschlossen wird.

Fazit: Wie bereits geschrieben, gehört „Berge des Wahnsinns“ zu den besseren Geschichten von H. P. Lovecraft, was auch der Adaption zugute kommt. Besonders das sich langsam anbahnende Unheil weiß in der Darstellung zu gefallen. Die Zeichnungen von Gou Tanabe sind phantastisch gut gelungen und sehr stimmungsvoll! Dafür das der Band in Schwarz-Weiß gehalten ist, bekommt man ihn eben trotz der großen Länge zu einem guten Preis. Ansonsten tut die Farbgebung keinen Abbruch, ganz im Gegenteil. Ich habe praktisch nichts an dem Band auszusetzen. Ich kann den Manga allen Lovecraft- und Horror-Comic-Fans empfehlen!

H. P. Lovecrafts Berge des Wahnsinns 1
Horror-Manga
Gou Tanabe
Carlsen 2020
ISBN: 978-3-551-72456-4
296 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 18,00

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